Steuerlexikon

Wegzugsbesteuerung

Inhaltsverzeichnis

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Wegzugsbesteuerung in Deutschland: Ein umfassender Leitfaden

Einführung in die Wegzugsbesteuerung

Was ist Wegzugsbesteuerung?

Die Wegzugsbesteuerung ist ein Steuermechanismus, der Personen betrifft, die Deutschland verlassen, um sich im Ausland niederzulassen. Sie zielt darauf ab, die stillen Reserven zu besteuern, die in den Vermögenswerten von Auswanderern enthalten sind, bevor diese Deutschland verlassen. Diese Steuer kommt ins Spiel, wenn Personen oder Unternehmer mit erheblichem Vermögen oder Anteilen an Unternehmen beschließen, ihren steuerlichen Wohnsitz aus Deutschland in ein anderes Land zu verlegen.

Dieses Steuergesetz soll sicherstellen, dass Deutschland Steuern auf die Wertsteigerungen erheben kann, die während der Zeit des steuerlichen Wohnsitzes im Land entstanden sind. Die Steuer berechnet sich auf Basis der Differenz zwischen dem Marktwert der Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Wegzugs und deren ursprünglichen Anschaffungskosten.

Für wen gilt die Wegzugsbesteuerung?

Nicht jeder, der aus Deutschland auswandert, wird automatisch der Wegzugsbesteuerung unterworfen. Die Steuer betrifft hauptsächlich natürliche Personen und Unternehmer, die direkt oder indirekt erhebliche Anteile an Kapitalgesellschaften halten und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus Deutschland verlegen. Ein "erheblicher Anteil" wird oft definiert als eine Beteiligung von mindestens 1% am Kapital einer Gesellschaft innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wegzug.

Diese Regelung zielt darauf ab, eine Besteuerung der stillen Reserven zu gewährleisten, bevor die Steuerpflichtigen das deutsche Steuersystem verlassen. Dadurch soll verhindert werden, dass Einkünfte, die im wirtschaftlichen Sinne in Deutschland erwirtschaftet wurden, der deutschen Besteuerung entgehen.

Rechtliche Grundlagen und Betroffene

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die Wegzugsbesteuerung, geregelt im deutschen Außensteuergesetz, besteuert die stillen Reserven von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei Personen, die Deutschland verlassen.

Historisch hat die Wegzugsbesteuerung ihre Wurzeln in einem Gesetz gegen die Steuerflucht von 1918, mit einer signifikanten Überarbeitung im Jahr 1972, bekannt als "Lex Horten".

Diese Steuer erfasst natürliche Personen und Unternehmer, die ihren steuerlichen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus Deutschland verlegen.

Änderungen im Jahr 2024

Ab 2022 wurden bedeutende Änderungen vorgenommen, die die Bedingungen der Wegzugsbesteuerung verschärfen.

Die wichtigsten Änderungen umfassen die Abschaffung der unbefristeten und zinslosen Stundungsmöglichkeit bei Wegzug innerhalb der EU, die Einführung einer Ratenzahlungsoption unter bestimmten Bedingungen, die Verkürzung des relevanten Zeitraums von 10 auf 7 Jahre für die Steuerpflicht und die Möglichkeit, bei Rückkehr nach Deutschland innerhalb von 7 Jahren die Wegzugssteuer rückwirkend aufzuheben.

Diese Maßnahmen sollen die Besteuerung der stillen Reserven sicherstellen, bevor Personen das deutsche Steuersystem verlassen.

Berechnung und Tarife der Wegzugsbesteuerung

Wie wird die Wegzugsbesteuerung berechnet?

Die Berechnung der Wegzugsbesteuerung basiert auf den stillen Reserven der Vermögenswerte, die eine Person bei ihrem Wegzug aus Deutschland hält. Stille Reserven sind die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Wegzugs und den ursprünglichen Anschaffungskosten. Dies gilt insbesondere für Anteile an Kapitalgesellschaften, bei denen eine Beteiligungsquote von mindestens 1% besteht.

Die Höhe der Wegzugsbesteuerung richtet sich nach dem individuellen Steuersatz des Steuerpflichtigen auf den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung dieser Anteile. Die Steuer wird somit auf den Wertzuwachs der Anteile erhoben, die während der steuerlichen Ansässigkeit in Deutschland entstanden sind.

Beispiele für die Steuerberechnung

Ein Beispiel für die Berechnung der Wegzugsbesteuerung könnte so aussehen: Angenommen, eine Person besitzt Anteile an einer deutschen GmbH mit einem Wert von 1.000.000 Euro zum Zeitpunkt des Wegzugs. Die ursprünglichen Anschaffungskosten dieser Anteile betrugen 500.000 Euro. Die stillen Reserven betragen somit 500.000 Euro. Bei einem persönlichen Steuersatz von 45% würde die Wegzugssteuer auf diesen Gewinn 225.000 Euro betragen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die tatsächliche Steuerbelastung von verschiedenen Faktoren, wie dem individuellen Steuersatz und eventuellen Freibeträgen, abhängt. Darüber hinaus können Änderungen in der Gesetzgebung und die spezifischen Umstände des Einzelfalls die Berechnung beeinflussen.

Vermeidung und Minderung der Wegzugsbesteuerung

Strategien zur Reduzierung der Steuerlast

Es gibt verschiedene Strategien, um die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden oder zumindest zu mindern. Eine Möglichkeit besteht darin, den Zeitpunkt des Wegzugs strategisch zu planen, um die Steuerlast zu minimieren. Das kann beispielsweise durch die Veräußerung von Anteilen vor dem Wegzug geschehen, um die Besteuerung der stillen Reserven noch im Inland vorzunehmen.

Weiterhin kann die Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem Zielland des Wegzugs helfen, die Steuerbelastung zu reduzieren. Diese Abkommen können Regelungen enthalten, die eine günstigere Besteuerung der stillen Reserven ermöglichen oder Doppelbesteuerungen vermeiden.

Fallbeispiele und Lösungsansätze

Ein Fallbeispiel könnte ein Unternehmer sein, der plant, seinen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz zu verlegen. Durch die frühzeitige Beratung mit einem Steuerexperten konnte der Unternehmer seine Anteile an der deutschen GmbH veräußern und die daraus resultierenden stillen Reserven noch in Deutschland versteuern. Dadurch wurde die Wegzugsbesteuerung erheblich gesenkt.

In einem anderen Beispiel hat ein Auswanderer durch die geschickte Aufteilung seines Umzugs über zwei Steuerjahre seine steuerliche Belastung optimiert. Zusätzlich wurde durch die Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens eine Doppelbesteuerung vermieden, was zu einer weiteren Reduzierung der Steuerlast führte.

Fazit und Ausblick

Die Wegzugsbesteuerung stellt für viele Personen und Unternehmer, die Deutschland verlassen möchten, eine bedeutende finanzielle Hürde dar. Durch sorgfältige Planung und Beratung lassen sich jedoch Möglichkeiten finden, die Steuerlast zu minimieren oder sogar zu vermeiden. Es ist entscheidend, sich frühzeitig mit den steuerlichen Implikationen eines Wegzugs auseinanderzusetzen und individuelle Lösungsstrategien zu entwickeln.

Blickt man in die Zukunft, ist es wahrscheinlich, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen weiter verändern werden. Angesichts der zunehmenden Globalisierung und der steigenden Mobilität von Personen und Kapital wird das Thema Wegzugsbesteuerung auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Daher ist es umso wichtiger, sich regelmäßig über aktuelle Entwicklungen und mögliche Änderungen im Steuerrecht zu informieren.

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 Karl Heinz Jörge sinature